Der Helfer in der Not

Ein armer alter Mann aus Rode kam einst vom Dienst bei seiner Herrschaft, die ihm eine fast unerschwingliche Zahl von Weinpfählen zu liefern befohlen hatte. Traurig ging er über die Held [Heelt] (einen Berg, der ins Kokelthal abfällt), als ihm plötzlich am “Fallthor” eine hohe weiße Gestalt in langen Kleidern, mit einem dreieckigen Hut auf dem Kopf erschien. Mitleidig fragte sie ihn, warum er so traurig sei; und als darauf der arme Mann alles erzählt, in was für einem Elend er sei, führte jener ihn weit weg in einen großen Wald und zeigte ihm daselbst ungeheure Schätze in Geld. Der arme Mann nahm sich auf Geheiß seines Führers wie viel er tragen konnte und kehrte damit nach Hause zurück und wurde der reichste Mann im Dorf. Derselbe Geist hat noch vielen anderen armen Leuten geholfen; doch als man bald nachher das Thor abgetragen, verschwand er und ist seither niemandem mehr erschienen.

(mündlich überliefert)

 

 

Was die Glocke klingt

Da wo das Roder Thal in das Kokelthal mündet, liegt eine schöne fruchtbare Fläche. Hier soll einst ein stattliches sächsisches Dorf gestanden haben. Durch die Pest, erzählt man, sei es entvölkert und durch einen furchtbaren Brand endlich gänzlich zerstört worden. Auf dem Platz, wo früher dieses Dorf gestanden, habe man später die (jetzt umgegossene) Roder mittlere Glocke aus der Erde hervorgezogen; und da selbige durch eine Sau ausgewühlt wurde, habe sie in der ersten Zeit fortwährend folgenden Spruch geklungen:

“Sau fand mich, Mann nannt mich.”

Auf ganz ähnliche Weise sollen auch die Glocken von Kleinschelk (im bösen Graben) und Kreisch gefunden worden sein.

(mündlich überliefert)

 

 

Der Kaiser Josef in Rode

Im Jahre 1843 lebte in Rode eine alte Witwe, die besaß und zeigte einen Papierstreif, auf welchem geschrieben stand: “Ich war Joseph II., Kaiser von Österreich.” Darüber erzählte sie folgendes:

Auf einer Reise, welche Kaiser Josef, als er sich in Siebenbürgen befand, zu Fuß und in gewöhnlicher Bürgertracht von Maros Vásárhely [Neumarkt am Mieresch] nach Schäßburg machte, langte er in der Abenddämmerung in Rode an, und da er dort bloß in einem einzigen Hause ein Kerzenlicht sah, ging er dort hinein, bat um Herberge, die ihm auch gewährt wurde. Das ihm vorgesetzte Abendessen, welches er gemeinschaftlich mit den Hausbewohnern einnahm, bestand aus Milch und Maisbrei (Palukes), und mundete ihm die ungewohnte Kost so trefflich und schlief er auch auf seinem Strohbett so gut, dass als am Morgen, nachdem der Gast noch vor Tagesanbruch sich von seinem Wirten verabschiedet und weiter gegangen war, die Hauswirtin das Bett machen wollte, außer dem oben erwähnten Zettel sich noch eine Menge Silberzwanziger unter dem Polster fanden.

(Friedrich Müller, Siebenbürgische Sagen, Wien/ Hermannstadt 1885)

 

 

Üm Kaulejröwn luch a Stain

Es gibt ein Dokument welches bezeugt, dass der Kaulejröwen früher bei den Rodern Zintchendool-Jröwen geheißen hat. Dass der Name Kaule-Jröwen nicht von Kohle, sondern vom Mittelhochdeutschen Kaule = Grube stammt, ist eine Vermutung, eine Hypothese von mir. Denn Kohle hat man dort sicher nie gebrannt. Doch Steine hat man dort gegraben. Auch hierfür liegt ein Dokument vor. Und zwar aus dem Jahr 1868. Da heißt es:

Am Neujahrs Sonnabend 1868 waren wir im Zinkendohl-Graben Steine machen. Dies ist geschrieben am ersten Jänner 1869

Fazit: Ein Steinbruch war der Kaulejröwen früher, wo man nicht nur Steine geschürft sondern auch Sand geholt hat. Auf diese Weise wurde die „Kaule“ åf såksesch de Kuil, immer tiefer.
Also hieß er Kaulen-Graben, und ist im Lauf der Zeit zum Kaulen-Jröwen geworden.

 

Üm Kaulejröwn luch a Stain

Akåzen juw et niet am Roadar Tol
uch Röd wos niuch nichan Jemain,
Bäsch uch Såmp wos iwerol.
åf dem Feeld luch oald a Stain,
asü üm Kaulejröwen, an der Aird.

De Luit, eus Våter woiren doot,
mät Okkes, Seenz uch Sächel,
woihear sä kwoimen?
asü bestimmt wais nimest huit,
når aint es jamz, jamz sächer:

Dått dä Stain vüm Kaulejröwen
eus Luit sich dåihear noimen,
sä briechten dä zem bauen.
Mät der Okkes finge sä uch ün
Aichen ois dem Beasch ze hauen.

Et loigen Stain uch an der Aird,
et antsteamt an klain Jemain,
sä fiengen ün ze jröwen
a jeed Stainchen wos et wairt,
asü antsteamt der Kaulejröwen.

Huit es der Kaulejröwen an dief Kuil
kit ois der Kuil dier Nümen?
Ois Stain an Dauresuil
hüt em doihear auch jejröwen.
Kaul uch Kuil poasst jeut zesümmen.

(Martin Hedrich, 2009)